Werbung in China: Des einen Freud, des anderen Leid
„Lange Rede, kurzer Sinn“ – diese beredte deutsche Sentenz bringt das Wesen der chinesischen Werbung auf den Punkt. Während westliche Werbung betört und verführt, mit Trugbildern spielt und an den innersten Wunsch ihrer Betrachter rührt, ist die klassische Werbung in China vor allem eine „Mitteilung an den Verbraucher“. Obwohl sich die dortige Werbeindustrie zunehmend an westlichen Vorbildern orientiert, müssen sich ausländische Firmen mit ihren Kampagnen auf politische Rahmenbedingungen sowie auf landestypische Kundenbedürfnisse einlassen.
Werbung zielt in China zwar laut Werbegesetz von 1995 auf eine bessere Vermarktung der Produkte ab, doch soll der nüchterne Vergleich mehrerer Erzeugnisse in erster Linie den qualitativen Wettbewerb schüren. Entsprechend sachlich und stereotyp sind die meisten Kampagnen gehalten. Wortreiche Produktbeschreibungen und ermüdende Aufzählungen der Vorteile herrschen in allen Medien vor. Erst in jüngster Zeit nimmt die Werbeindustrie westliche Impulse auf und fesselt die Verbraucher mit Werbespots, die kurze Geschichten erzählen.
Trotz dieser innovativen Entwicklung in der Branche sind westliche Muster nicht ohne weiteres auf die chinesische Werbung übertragbar. Ihr drücken Zensur und die extrem konservative Kultur einen unverkennbaren Stempel auf. Wer also im Reich der Mitte für seine Produkte werben will, muss einige Regeln beachten, um erfolgreich zu sein. Superlative wie die Behauptung, ein bestimmtes Pils sei „König der Biere“, sind ebenso verboten wie alle Inhalte, die gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen. So ist Nacktheit prinzipiell tabu und mit der pikanten Geschichte eines Seitensprungs könnte man keine Luxusautos verkaufen. Die Grenzen des Begriffs der „guten Sitten“ sind jedoch äußerst dehnbar. Was vertretbar ist und was nicht, entscheidet letztlich immer die State Administration of Industry & Commerce (SAIC). Bevor Werbekonzepte in Produktion gehen können, müssen sie prinzipiell erst diese Behörde passieren.
Können westliche Firmen die behördlichen Bestimmungen über zulässige Inhalte noch problemlos nachlesen, ist es schon wesentlich schwieriger, den fest in der chinesischen Kultur verankerten Werten und Vorlieben auf die Spur zu kommen. Gerade an dem Nationalstolz und dem Stolz auf die lange Geschichte des Landes kommt im Reich der Mitte keiner vorbei. Auch wer für Waschmittel werben will, muss völlig umdenken. Nicht die treusorgende Hausfrau wäscht ihrer Familie die Wäsche, sondern die Kinder erledigen das für ihre Mutter. Die konfuzianische Tugend der Liebe von Kindern zu ihren Eltern steht nämlich bei Chinesen sehr weit oben auf der Werteskala.
Auch in der Farbenpsychologie gibt es große Unterschiede zwischen West und Ost. Oft erscheint die Farbgebung chinesischer Erzeugnisse dem westlichen Betrachter etwas zu grell. Teilweise kann auch die Symbolik der Farben in beiden Kulturkreisen völlig gegensätzlich sein. Beispielsweise lösen scharlachrot gefärbte Himmel hierzulande eher Beklemmungen und Assoziationen an Naturkatastrophen aus. Den Chinesen dagegen verheißen sie Glück und Freude – ob im Firmenlogo, bei Hochzeiten oder auf Glückwunschkarten. Im Gegensatz dazu ist Weiß im fernen Osten die Farbe der Trauer.
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